Das Zervixkarzinom ist mit einer Inzidenz von jährlich weltweit circa 500.000 Betroffenen die vierthäufigste Krebserkrankung der Frau. Ursache ist häufig eine Infektion mit bestimmten Typen des humanen Papillomvirus (z. B. HPV Typ 16 und 18). Besteht solch eine HPV-Infektion über längere Zeit, können sich Krebsvorstufen bilden. Werden diese nicht behandelt, so kann sich aus ihnen Gebärmutterhalskrebs entwickeln. Dabei ist das Virus nicht alleiniger Verursacher, aber Krankheits-Grundlage für verschiedene Co-Risikofaktoren. HPV wird durch Sexualkontakte übertragen. In frühen Stadien ist Gebärmutterhalskrebs meist gut heilbar.
In Deutschland hat jede Frau ab 20 Jahren Anspruch auf eine kostenlose Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung. Ein wichtiger Teil der Untersuchung ist ein Zellabstrich vom Gebärmutterhals, der sogenannte Pap-Abstrich. Dabei streicht die Frauenärztin oder der Frauenarzt Zellen vom Gebärmutterhals ab und schickt sie in ein Labor. Dort werden die Zellen unter dem Mikroskop untersucht. Neu seit 2020: Frauen ab 35 Jahren bietet das Früherkennungsprogramm statt des jährlichen Pap-Abstrichs nun alle 3 Jahre eine Kombination aus HPV-Test und Pap-Abstrich an. Durch diese Möglichkeit, Dysplasien frühzeitig nachzuweisen und zu behandeln ist das Zervixkarzinom nicht mehr der häufigste gynäkologische Tumor. Im frühen Stadium macht das Zervixkarzinom, bzw. seine Vorstadien keine Symptome. Eine lymphogene Metastasierung tritt jedoch früh auf, v.a. in die Bindegewebsstrukturen (Parametrien) und Beckenlymphknoten. Relativ spät tritt hingegen eine Fernmetastasierung auf, dann erfolgt vornehmlich der Befall von Leber, Lunge und Skelett.
Ab einer gewissen Größe und Ausdehnung des Tumors treten Symptome wie Zwischenblutungen, Scheidenausfluss, Kontaktblutung (spontane vaginale Blutung), Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, bei Fernmetastasen entsprechende Beschwerden je nach Lokalisation der Metastasen.
Die Behandlung des fortgeschrittenen Gebärmutterhalskrebses ist ab diesem Zeitpunkt nach wie vor eine Herausforderung.
Die aktuelle Standardversorgung – Bestrahlung und systemische Chemotherapie mit anschließender Brachytherapie (interne Strahlentherapie) – geht häufig mit erheblichen Nebenwirkungen wie Harnleiterstenosen, Lymphabflussstörungen der Beine und vaginale Fisteln zu Blase und Mastdarm einher. Die Raten des vollständigen Ansprechens bei Induktionschemotherapie, also eine Chemotherapie, die zunächst auf eine akute Verkleinerung des Tumorvolumens bzw. der Tumorzellzahl zielt, liegen zwischen 11 und 20 %. Bezüglich des Überlebens gibt es keinen Unterschied zwischen Chemotherapie, Operation oder Strahlentherapie allein, was auf die Resistenz der Tumorzellen gegen Chemotherapeutika zurückzuführen ist.
Bei einer Regionalen Chemotherapie in Form der Isolierten Hypoxischen Perfusion (HPP) sind diese
Einschränkungen nicht gegeben.
Folgend berichten wir über eine im Oktober 2020 im International Journal of Surgery Case Reports (IJSCR 77 2020; 816-821) veröffentlichte Fallserie über drei Patientinnen mit fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs, histologisch Grad G3, die eine Standardbehandlung ablehnten und sich für eine regionale Chemotherapie entschieden.
Einführung: Vorgestellt wird eine Fallserie aus drei Patientinnen mit fortgeschrittenem Gebärmutterhals, die entweder die Standardtherapie mit systemischer Chemotherapie oder Radiochemotherapie ablehnten oder diese wirkungslos war.
Methodik: Wir behandelten die Patientinnen mittels der regionalen Chemotherapie isolierten hypoxischen Beckenperfusion (HPP, hypoxic pelvic perfusion).
Ergebnisse: Zwei Patientinnen zeigten ein vollständiges klinisch-pathologisches Ansprechen, bei einer Patientin war eine chirurgische Entfernung einer Resttumormasse ohne vitale Tumorzellen notwendig. Langfristig zeigten sich keine systemischen oder lokalen Nebenwirkungen. Alle Patientinnen sind bis zu 15 Jahre nach Abschluss der Behandlung weiterhin tumorfrei.
Schlussfolgerung: Die regionale Chemotherapie in Form der isolierten hypoxischen Beckenperfusion stellt eine wirksame Therapieoption zur Behandlung des fortgeschrittenen Gebärmutterhalses dar, die eine schnelle und anhaltende Remission bei geringen Nebenwirkungen erzielt.
Die Ursache der Spätschäden im Becken ist die lokal intensivierte Strahlentherapie. Gelingt es, diese durch eine andere Therapie, wie die regionale Perfusion mit hochkonzentrierten Zytostatika, ganz oder teilweise zu ersetzen, dann wird außerdem die gesamte Behandlung verträglicher. Bei einem an sich chemosensiblen Tumor kann durch regionale Chemotherapie mit lokal weit höherer Zytostatikakonzentration eine erhebliche Wirkungssteigerung bei nur minimalen Nebenwirkungen erzielt werden. Gleichzeitig werden durch die im Anschluss an jede Behandlung durchgeführte Chemofiltration, Nebenwirkungen reduziert. Der Zweck der minimierten Nebenwirkungen bei gesteigerter lokaler Wirkung wäre damit erreicht.
In einer Studie an 12 Patientinnen im klinischen Stadium Ib bis IIb mit Tumoren von über 4 cm Durchmesser führte die intraarterielle Infusion in 7 Fällen schon nach 2 Zyklen zu einer Verkleinerung der Tumormasse von über 50 % des Ausgangsvolumens (1).
In einer anderen Studie erzielte die intraarterielle Infusionschemotherapie, eine Remissionsrate (komplette Remission [CR] bzw. partielle Remission [PR]) von 65 %, davon 8,3 % Komplettremissionen (4/48 Patientinnen), wovon 2 Patientinnen nach Resektion auch pathohistologisch eine Komplettremission aufwiesen (2).
Betrachtet man dies vor dem Hintergrund minimaler oder fehlender Nebenwirkungen und im Vergleich zur lokalen Strahlentherapie nicht auftretender Dauerschäden, so ist es nur eine Frage der Optimierung der lokalen Dosis und Zytostatikaexposition, dass ein optimales Therapieergebnis erreicht wird.
Diese ist am besten mit der regionalen Chemotherapie in Form der isolierten Beckenperfusion erreichbar. Dabei werden die Beckenorgane über einen Zugang durch die Femoralgefäße mit Ballonkathetern und Oberschenkelstaumanschetten isoliert und hochkonzentriert mit Chemotherapeutika behandelt. Die anschließende Chemofiltration filtert Restmengen der Chemotherapie im systemischen Kreislauf wieder heraus und verhindert so weitgehend systemische Nebenwirkungen. Lokale Schäden an Beckenorganen treten nicht auf.
(1) Villena-Heinsen C, Mink D, Lung-Kurt S, et al: Preoperative intraarterial chemotherapy for bulky cervical carcinoma in stage Ib – IIb. Reg Cancer Treat 1:17-21, 1994
(2) Scarabelli C, Zarrelli A, Gallo A, et al: Pelvic recurrences in cervical cancer : multimodal treatment with sequential intra- arterial chemotherapy and surgery. Reg Cancer Treat 1:12-16,
1994
Wir konnten zeigen, dass die isolierte hypoxische Perfusion mit anschließender Chemofiltration eine höhere Penetration der Zytostatika in den Tumor ermöglicht, was nach drei oder vier Behandlungszyklen zu einem dauerhaften Ansprechen ohne signifikante systemische Toxizität führte. Die Verwendung von Immun-Checkpoint-Inhibitoren bei ausgewählten Patienten könnte das Ansprechen weiter verbessern.
Die vorgestellten Fälle zeigen hervorragende Ergebnisse beim fortgeschrittenen Gebärmutterhalskrebs, mit vollständiger und dauerhafter klinischer und radiologischer Remission ohne erkennbare Anzeichen systemischer Toxizität, was auch bei anderen Tumorarten die ebenfalls mittels intraarterieller Chemotherapie behandelt werden, häufig der Fall ist.